Neue Bestzeiten durch polarisiertes Training
Schnelle Erfolge! Das ist wahrscheinlich einerseits einer der häufigsten Faktoren um mit dem Laufen anzufangen aber gleichzeitig auch der Grund warum viele schnell wieder damit aufhören. Um von null auf fünf Kilometer am Stück und mehr zu kommen reichen meist schon einige Wochen regelmäßigen Trainings. Noch ein paar Wochen mehr und man kann seine Zeit auf dieser Strecke deutlich reduzieren!
Umso größer ist dann allerdings die Frustration, wenn der Leistungszuwachs plötzlich stagniert. Die Distanzen steigen nicht mehr und wirklich schneller kann man sie auf einmal auch nicht mehr zurücklegen. Grund hierfür sind häufig der Mangel an neuen Belastungsreizen und eine schlechte aerobe Grundlage. Heute geht es um letzteres und warum polarisiertes Training dir zu neuen Bestzeiten verhelfen kann!
Die 3 Belastungszonen
Bevor ich erkläre, worum es sich bei dieser Trainingsart handelt, bedarf es etwas Hintergrundwissen zu den verschiedenen Trainingsbereichen. Meistens wird in Niedrig-Aerob, Hoch-Aerob und Anaerob unterteilt.
Zone 1 – Niedrig-Aerob
Die erste Zone bezeichnet den Intensitätsbereich, in dem man sich noch leicht unterhalten kann. Aus physiologischer Sicht wird hier größtenteils Fett zur Energiegewinnung herangezogen und es entsteht nur wenig Laktat. Die erste Zone entspricht ungefähr dem Bereich von 55-70% der maximalen Herzfrequenz (HFmax). Alle Aktivitäten unterhalb dieser Zone haben nur einen sehr geringen Trainingseffekt, können aber zur Fettverbrennung und Regeneration eingesetzt werden. Steigert man die Intensität erreicht man die erste ventilatorische Schwelle (VT1) und gelangt in die zweite Zone.
Zone 2 – Hoch-Aerob
In der zweiten Zone wird die Atmung schneller und Unterhaltungen werden schwieriger. Grund dafür ist der Anstieg des Laktats im Blut, welches nur noch schwer verstoffwechselt werden kann. Der Herzfrequenz-Bereich entspricht knapp 70-90% der HFmax und Training in dieser Intensität kann die VO2max verbessern. Allerdings kann diese Anstrengung nur knapp 30-60 Minuten gehalten werden.
Zone 3 – Anaerob
Diese Zone deckt das übrige, hochintensive Training ab. Übertritt man die zweite ventilatorische Schwelle (RCT) kommt es zu Hyperventilation und man befindet sich im Herzfrequenz-Bereich von 90-100% der HFmax.
Die meisten Breitensportler befinden sich den größten Teil der Trainingszeit in der zweiten Zone, da oft jede Woche einfach die übliche Runde gelaufen wird und das einzige Ziel ist die Verbesserung der Zeit. Für Neueinsteiger ist dieser Ansatz sowohl sinnvoll als auch effektiv, aber irgendwann reicht ausschließliches Training in der Zone 2 nicht mehr aus.
Was ist polarisiertes Training?
Der Ansatz hinter polarisiertem Training ist eine Kombination von intensiven Einheiten und ruhigem Grundlagentraining. Im Gegensatz zum Konzept der meisten Breitensportler befindet man sich beim polarisierten Training nur knapp 10% der Zeit an der Laktatschwelle, also Zone 2. Weitere 10% verbringt man in Zone 3, nahe an der maximalen Herzfrequenz. Den Großteil der Zeit (ungefähr 80%) verbringt man dafür bei niedriger Intensität in Zone 1. Daraus ergibt sich eine polarisierte Trainingsaufteilung. Durch das viele Training mit niedriger Herzfrequenz verbessert sich die aerobe Grundlage.
Vorteile des aeroben Trainings
- Stärkung der aeroben Basis
- Verbesserter Fettstoffwechsel
- Erhöhung der maximalen Sauerstoffaufnahme
- Stärkung des Herz-Kreislauf-Systems
- Beschleunigte Regeneration
Konkret bedeutet das, dass durch den Ausbau der Grundlage länger gelaufen werden kann, ohne aus der Puste zu geraten – und das auch bei höheren Geschwindigkeiten!
Wissenschaftlicher Nachweis
In der Studie “Impact of Training Intensity Distribution on Performance in Endurance Athletes” wurde genau dieser Trainingsansatz über 5 Monate empirisch überprüft. Bei spanischen Ausdauerathleten mit persönlichen 10-Kilometer-Bestzeiten von 30:30 Minuten bis 35 Minuten wurden zwei Gruppen ausgelost. Zu Beginn haben alle Teilnehmer einen 10,4 Kilometer Cross-Country Lauf absolviert um nach den 5 Monaten die Verbesserung dokumentieren zu können.
Die erste Gruppe hatte dann eine Aufteilung von 80% in der ersten Zone, 10% in der zweiten und noch einmal 10% in der dritten Zone. Die zweite Gruppe hatte einen identischen Anteil in Zone 3, in Zone 1 dafür nur 65% und in Zone 2 dementsprechend 25%. Auf den kompletten Studienzeitraum gesehen, war die Gesamtbelastung identisch, was für Gruppe 1 bedeutete, dass insgesamt längere Strecken zurückgelegt wurden, während bei der zweiten Gruppe eben die Intensität etwas höher war. Wen jetzt noch die genauen Kriterien und Trainingseinheiten interessieren, dem hab ich die DOI unten in den Quellen eingefügt.
Für jetzt reicht allerdings das Ergebnis: nach den 5 Monaten hatte die zweite Gruppe eine Verbesserung von knapp 2 Minuten während die erste Gruppe das 10,4 Kilometer Rennen fast 3 Minuten schneller absolvieren konnte.
Dadurch wird deutlich, dass das polarisierte Training mit viel Zeit in der ersten Zone zu einem signifikant größeren Leistungszuwachs gegenüber dem etwas ausgeglicheneren Trainingskonzept führt.
Fazit und eigene Umsetzung
Anhand der Ergebnisse der eben beschrieben Studie kann man also folgenden Schluss ziehen: Wenn man bereits ein gutes Level an Fitness im Ausdauersport und nicht gerade erst angefangen hat, kann man als Athlet durchaus von einem polarisiert gestaltetem Trainingsplan profitieren! Durch den Ausbau der aeroben Grundlage kann man die schon vorhandene Geschwindigkeit länger aufrecht erhalten. Häufig scheitert es im Rennen nämlich nicht daran, die gewünschte Pace zu erreichen, sondern viel eher, dieses Tempo dann auch auf die gesamte Distanz halten zu können. Genau da setzt das polarisierte Training an!
Für Anfänger schadet es zwar garantiert nicht bereits einen Fokus auf die aerobe Basis zu legen, allerdings lassen sich hier auch noch gute Verbesserungen durch Tempoläufe an der Laktatschwelle erreichen.
Persönlich muss ich zugeben, dass ich die langsamen Läufe lange vernachlässigt habe. Mein Problem dabei war einfach, dass man wirklich verhältnismäßig langsam laufen muss, um in der ersten Zone zu bleiben. Das bedeutet, dass man nicht so schnell die übliche Distanz zurücklegen kann und sich die Einheiten anfangs ziemlich gezogen haben. Hier kann ich es nur empfehlen sich Podcasts herunterzuladen und während den Zone-1-Läufen anzuhören. Seit gut zwei Wochen laufe ich jetzt aber auch den Großteil der Zeit eher langsam und habe auch dementsprechend meinen Trainingsplan angepasst. Jetzt sind fünf Läufe die Woche in Zone 1 und jeweils ein Lauf in Zone 2 und 3. Der Vorteil dabei ist auch, dass ich dadurch die wöchentliche Gesamtdistanz voraussichtlich etwas erhöhen kann, aber das wird sich in den nächsten Wochen zeigen.
Berücksichtigt bei eurem Training aber auch, dass man nicht pauschale Ergebnisse erwarten kann und jeder Sportler am besten individuelle Anpassungen benötigt, um so effektiv wie möglich zu trainieren.
Um meine Läufe und Resultate verfolgen zu können, folgt mir gerne auf @imprvmt.de!
Quellen
DOI: 10.1519/R-19725.1
https://runnersconnect.net/aerobic-vs-anaerobic-training/
https://runnersconnect.net/80-easy-makes-you-23-faster/